14. August 2009
Ålesund - Kopenhagen
Tagesetappe: 1175 km
Wir pennten nicht so lange wie die letzten Tage. Gegen 11 Uhr kamen wir los. Taylan teilte mir mit, daß er das Wichtigste gesehen habe. Er schlug vor, jetzt schon Kurs auf die Heimat zu nehmen um noch ein oder zwei Tage in Hamburg zu verbringen, wo wir bei einem Freund von ihm unterkommen konnten. Ich wäre zwar noch gerne etwas länger hier bei den Fjorden geblieben, doch mit den vielen Fähren läppert sich das doch schon arg. Also wurde das Navi erstmal auf Svinesund an der norwegisch-schwedischen Grenze eingestellt, dort wollte ich den Benz wieder volltanken. Das Navi zeigte um die 700 km Distanz ein. Ich dachte also, der Wagen würde ohne weiteren Tankstopp bis zur Grenze auskommen. Der verbaute 80-Liter-Tank ist schon etwas Feines. |
Nach einigen Kilometern kamen wir zur ersten Fähre des Tages. Die Überfahrt von Lote nach Anda über den Hundvikfjord kostete 81 NOK. Weiter ging es in Richtung Sogndal. |
Auf einmal standen wir an einer Mautstation. Die Durchfahrt sollte 180 NOK kosten. Für was, das wußte ich nicht. Ich zahlte mangels Alternative. Es folgten sechs oder sieben Tunnel mit mehreren Kilometern Länge. Ich vermute, hier werden wie am Nordkapptunnel die Baukosten mit Maut refinanziert und dieselbe wird abgeschafft, sobald alles bezahlt ist. Im vorletzten Tunnel stand ein VW Passat am Straßenrand. Ich hielt an – ich hatte ja Zeit. Eine fünfköpfige Familie war hier liegengeblieben. Ich fragte auf Englisch nach, was denn passiert war und der bestimmt gerade erst 10-jährige Junge war der einzige der mich verstand. Er zeigte auf den Kühlwasserbehälter und erklärte, daß da was kaputt sei. Ich bot der Familie an, sie mit dem Abschleppseil aus dem Tunnel zu schleppen, in dem es höllisch laut war. Der Vater hegte Zweifel, ob mein Auto das schaffen würde. Schließlich ging es im Tunnel stark bergauf. Ich legte optimistisch das Abschleppseil an und es ging los. Vollgas im zweiten Gang ging es den Tunnel hinauf. Es funktionierte wunderbar. Nach zwei oder drei Kilometern erreichten wir das Ende des Tunnels und ich bog mit dem Passat am Abschleppseil auf einen Parkplatz ab. Die Familie war so dankbar wie ich Menschen selten erlebt hatte. Alle fünf dankten mir tausend mal. Ich vergewisserte mich, daß sie irgendwie Pannenhilfe bekommen konnten. Die Mutter erzählte mir in ihrem spärlichen Englisch, daß ihr Mann Marokkaner und ihre Mutter Polin sei. "A multinational family" Wir unterhielten uns noch kurz – so gut es ging – über Deutschland und den Daimler (der marokkanische Vater fand das Auto verständlicherweise toll) und ich wollte mich dann verabschieden. Da drückte mich die Oma mit einer Freudensträne im Knopfloch und legte mir ungefragt 100 NOK in die Hand. Ich wollte eigentlich gar kein Geld, aber ich habe mal gehört, daß es in manchen Kulturen unhöflich sei, Geschenke abzulehnen, also nahm ich es an – schließlich wollte ich mich ja nicht wieder unbeliebt machen. |
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Hinter Sogndal ging es mit der nächsten Fähre von Mannheller nach Fodnes. Sie kostete 88 Kronen und es gab einen wunderschönen Ausblick über den Sognefjord. Wieder an Land ging es nun ohne weitere Fähren nach Oslo. Wir stießen auf die Europastraße E16 Irgendwann war diese gesperrt wegen Bauarbeiten. Über die Straßen 33 und 34 wurden wir umgeleitet. Hinter einer Kurve standen einige Polizeiautos links und rechts entlang der Straße und hielten jeden auf, der des Weges kam. Alkoholkontrolle. Der freundliche Polizist bat zunächst um meinen Führerschein um mich dann pusten zu lassen. 0,00 Promille. Eine Sache von zwei Minuten. Er beglückwünschte mich und es folgte das obligatorische Gespräch über unsere Reise. Wir verabschiedeten uns und fuhren weiter. So stelle ich mir sinnvolle Verkehrspolizeiarbeit vor. Aber dazu wurde die nötige Zivilisationsstufe in Deutschland wohl noch nicht erreicht. |
Irgendwann mündete die Umleitung in die Bundesstraße 4 ein und wir nahmen weiterhin Kurs auf Oslo. An einer Steigung merkte ich ein Ruckeln im Antriebsstrang. Erfahrene Dieselpiloten erkennen einen Filterdicht bereits im Ansatz. Ich fuhr an einer geeigneten Stelle rechts in eine Haltebucht und tauschte den Vorfilter. Taylan bereitete sich eine Brotzeit zu. Nach drei Minuten war die Sache erledigt und der Motor schnurrte wieder und fuhr wieder ohne zu Ruckeln Vollast. Mit dem Tanken hatte ich mich leicht verschätzt. Bereits kurz vor Oslo näherte sich die Tanknadel der Reserve. Auf Risikospielchen hatte ich heute keine Lust, also investierte ich gegen 21 Uhr in Hakadal an einer Shell-Tankstelle noch 100 NOK in 9 Liter Diesel, die bis zur Grenze reichen sollten. |
"Road to Oslo" |
Bei Oslo angekommen stand an den Verkehrsschildern etwas von „Automatic Bom“, also automatischer Maut. Ich fuhr einfach durch und bemerkte nichts davon. Irgendwann waren wir auch wieder aus dem Ballungsgebiet draußen und ich wertete das Fehlen eines Polizeiwagens hinter mir als Bestätigung dafür, daß ich nichts falsch gemacht hatte. Mehrere Baustellen unterbrachen das Fahrvergnügen auf der E6 in Richtung Schweden. Auch mußten wieder Mautstationen passiert werden. Jedes mal wurden 10 oder 20 NOK fällig. Nervig. Der Hammer war aber die Mautstation direkt vor der Grenze zu Schweden. Ich versuchte, sie über die parallele Landstraße zu umfahren. Doch auch dort stand direkt vor der Grenzbrücke eine Bomstation. Ich dachte, nur Bananenrepubliken drangsalieren ihre Besucher mit „Ausreisegebühren“. In Schweden wurde eine Tankstelle gesucht. Es war mittlerweile 22.45 Uhr. Doch es fand sich nichts. Nicht einmal ein Tankomat, von offenen Geschäften zu schweigen. Ich hatte gehofft, noch irgendwo Hamburgersoßen einkaufen zu können, die in Schweden wohl ganz besonders gut sein sollen. Schlußendlich fanden wir eine Q8-Tankstelle, die wir zwei Minuten vor Ladenschluß erreichten. Ich ließ den Tank zu umgerechnet 1,17 EUR /L vollaufen. Mangels Hamburgersoßen im Tankstellenshop nahm ich eine Tube „Slotts“-Senf für 25 SEK mit, die auch nicht schlecht schmeckte. Es ging weiter in Richtung Malmö. Wie weit wir es heute noch schafften, überließ ich meiner Müdigkeit, die ich mit holländischen Energydrinks konterkarierte. In Göteborg lächelte mich eine McDonald’s-Werbung an, sodaß ich noch kurz rausfuhr und mir einen McChicken für 6 SEK leistete. Sehr komfortabel: Kreditkartenzahlung war kein Problem. Um 4.30 Uhr standen wir an der Öresundsbron und setzten nach Dänemark über. Die Müdigkeit gewann so langsam den Kampf und so fuhren wir hinter Kopenhagen von der Autobahn ab und suchten einen Nachtplatz. Nach halbstündiger Suche gab ich auf und wollte mich an eine Feldwegkreuzung inmitten von Bauernhöfen stellen. Taylan hatte Bedenken, der Bauer würde uns am nächsten Morgen anscheißen. In Deutschland hätte man davon ausgehen konnten, doch hier sah ich das ganz locker und bat ihn, seine deutsche Denke endlich abzulegen. Nach über 18 Stunden am Steuer weigerte ich mich, noch einen Meter weiter zu fahren und so ging es dann zu „Bette“. |